Heinz Ohff: Flug und Raum
Christian Hasucha im Forum aktueller Kunst

 

Seit Panamarenko den Traum des Menschen vom Fliegen zurückgeführt hat auf den Ausgangspunkt, Lilienthal, Gebrüder Wright, hat die jungen Künstler, wie es scheint, das große Bedauern ergriffen. Daß Meister Goethes "Ach, zu des Geistes Flügel . . ." sich so rasch durch Hinzugesellung eines körperlichen Flügels überholt hat, wird gern und weitgehend ignoriert.

 

Skepsis gegenüber Ingenieurstechnik, besonders im Hinblick auf das Fliegen, brachte schon die erste Ausstellung von Uta Boutemards Forum aktueller Kunst zum Ausdruck. Fritz Gilows "Flug über Florenz". Das ist auch ein Thema für Christian Hasucha, freilich nur eines unter vielen. Der gebürtige Berliner des Jahrgangs 1955, Meisterschüler bei Kügler an unserer HdK, stellt ein Ballonobjekt, mit Korb, Ballast und Leinen (das sich in zwei Phasen "einstellen" läßt), drei großen Leinwänden gegenüber, auf denen er eine Flugbildkarte von Raub- und Singvögeln in Weiß und Schwarz, beides nahezu monochrom, unter Hinzufügung der jeweiligen lateinischen oder deutschen Namen variiert. Das erinnert ein wenig an die Art, wie Laszlo Lakner mit Fundstücken aus Büchern oder Lehrbüchern umgeht: Anverwandlung durch Abwandlung., um so mehr, als Hasucha seine Zeichnungen gern zu Buchobjekten bündelt.

 

Die Zeichnungen sind wohl das Schönste in dieser seiner ersten Einzelausstellung, klein, intim, tagebuchartig breitet er hundert von ihnen, die zwischen dem 1.6. und dem 30.9.1979 entstanden sind, auf einer riesenradähnlichen Auffaltmaschine aus, die man selbst bedienen kann – die Blätter ziehen gleichsam im Flug vorbei, Notizen, die alle mit dem Raum zu tun haben und den Problemen, vor die er die Menschen – nicht nur die Maler – stellt.

 

An der Wand hängen einige Raum-Entfaltungen, die unter Zuhilfenahme von Siegellack entstanden sind, wie überhaupt der junge Künstler sich von bestimmten Materialien faszinieren läßt und aus dieser Faszination heraus ganze Material-Objekte baut. Eines findet sich im Kellerraum der Galerie, ein von Scheinwerfern, Zeichnungen, Gipsplatten umgebener Kubus, der sich durch einen Wärmemechanismus ausdehnt und wieder schrumpft, alles mit Graphit geschwärzt, Kubus, kubische Zeichnung dahinter und Gipsplatten – der Raum wird vom Graphit gleichsam umgeben und zusammengehalten. Der Weg führt eindeutig von Malerei und Zeichnung zum reliefartigen Objekt und konsequent weiter ins Environment.
H.O.

 

(Forum aktuelle Kunst, Uta Boutemard, Saarstraße 7, bis Anfang Oktober, Dienstag bis Sonntag 13 – 19.30 Uhr. Eintritt frei.)